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Die Wellritzmühle

Aus der Geschichte der Weltkurstadt Wiesbaden

Beilage zur Rheinischen Volkszeitung vom 1. September 1925 (Übersetzung)

Laut Erbbaubrief vom 30. September 1712 erlaubte Fürst Georg August zu Nassau, Graf zu Saarbrücken und Saarwerden, Herr zu Lahr, Wiesbaden und Idstein, seinem Untertan dem Müller Wilhelm Weiß auf untertänigstes Ansuchen und eigene Kosten eine Mehlmühle, mit einem Gang auf der Klosterbach in der Viehtrift zwischen Wiesbaden und Klarenthal aufzurichten. Außer dem Bauplatz von 1 ½ Morgen wurden dazu noch drei Morgen herrschaftliche Äcker in der „Wellritz“ neben dem Klosterfeld und drei Morgen Wiesen „am Gehrner Thor“ oberhalb des Klosters ausgewiesen frei von allen ordentlichen und außerordentlichen Lasten und Beschwerden. Die Pacht solle jährlich acht Malter Korn, reine marktfähige Ware, sowie 15 Gulden an sogenannten Mühlschweingeld betragen. Das Ganze bildet ein Erblehen, das sich zwar in der Familie weiter vererben konnte, jedoch ohne Genehmigung des Landesherrn weder verkauft und sonst wie veräußert werden konnte. In diesem Falle wie auch bei Vererbung in der Familie und beim jedesmaligen Wechsel des Landes- und Lehensherrn, war die Laudeminalgebühr oder der Handlohn an die fürstliche Rentei zu entrichten. Weiß scheint jedoch schlecht auf seine Kosten gekommen zu sein, da nach 12 Jahren die Mühle bereits in Verfall geriet, auch Zins und Pacht drei Jahre rückständig waren. Auf Ansuchen genehmigte deshalb am 16. September 1724 Friedrich Ludwig Graf zu Nassau-Saarbrücken usw. (1721 – 28), dass ein Jakob Weiß, wohl der Sohn des vorigen, die Erbleihe nach vorheriger Erledigung der Rückstände von 50 Gulden antrat. Auch war der neue Landesherr so gnädig, den bisherigen Geldzins von 15 Gulden auf die Hälfte zu ermäßigen, wie auch die jährliche Kornpacht von acht auf fünf Malter herabzusetzen.

Nach abermals 12 Jahren, 1736, ging das Erblehen auf einen gewissen Benedikt Hoffmann und dessen eheliche Nachkommen über.

Durch dessen Fleiß waren im Vorjahr, mit Genehmigung des Fürsten Karl zu Nassau (1728 bis 1775) ungefähr 5 ½ Morgen Oedland weiter angerodet worden, weshalb die jährliche Fruchtabgabe wieder auf acht Malter festgesetzt wurde. Der Jahreszins von 7 ½ Gulden blieb wie bisher. Als Laudeminalgeld hatte der neue Besitzer 10 Gulden zu bezahlen.

Außer dem nahe der Mühle, jedoch schon in Dotzheimer Terminen in der Flur „Wellritz“, an die Wiesbadener Markung anrainend, belegenen Erbleihgut von 8 ½ Morgen hatte Hoffmann auch acht Morgen eigentümliche Äcker im Wiesbadener Feld, welche im Juni 1746, als seine Witwe die Mühle veräußern wollte, vom Stadtgericht auf 560 Gulden geschätzt wurden. Das Ganze, Erbleihe und freies Eigentum , ging dann für 1600 Gulden an Konrad Rückert von Dotzheim über, welche Lebensübertragung Fürst Karl, datiert Wiesbaden 28. November 1748 genehmigte.

Als Laudemium hatte Rückert fünf Prozent des Kaufpreises von 1040 Gulden (für das Lehensgut) also 52 Gulden zu zahlen. Unter den Pachtbedingungen wird ihm auch aufgegeben, weder Zigeunern, Vagabunden, noch anderen verdächtigen Leuten Aufenthalt oder Beherbergung auf der Mühle zu gestatten. Damals bestanden die Gebäulichkeiten aus einem einstöckigen Wohnhaus, worin ein Mahl- und ein Schälgang befindlich, einer Scheuer und einer kleineren, worin die Ställe befindlich und was deme anklebig.

Doch es vergingen kaum sechs Jahre, und der neue Müller war „die Bach drunten“, d.h. er machte Bankrott. Im Jahre 1754 kamen Mühle und Erbleihgüter zur zwangsweisen Versteigerung an den meistbietenden Werner Ripp von Dotzheim. Der Steigpreis betrug 1080 Gulden, die fürstlich Rentkammer strich wieder 54 Gulden = fünf Prozent Laudeminalgeld, für die vom Fürsten Karl getätigte Lehenseinsetzung des neuen Erbleihmüllers ein. Kornpacht und Mühlschweinzins blieben fürderhin die gleichen; dagegen erhob man nun erstmalig den sogenannten Neurod-Zehnten von dem im Jahre 1735 hinzugerodeten Ackerland in Gestalt einer weiteren jährlichen Abgabe von einem Malter Korn.

Im Jahre 1771 hatte Johann Henrich , dermalen Einwohner und Hofbeständer zu Wiesbaden, die Mühle samt den dazu gehörigen Güterstücken um 1000 Gulden an sich gebracht, wozu Fürst Karl gegen Erlegen von 50 Gulden Handlohngebühr die nötige Belehnung erteilte. Beim Antritt der Regierung des Fürsten Karl Wilhelm im Jahre 1775 mußte Henrich die Erbleihe erneut bestätigen lassen, wofür 2 ½ % Laudemium, also 25 Gulden erhoben wurden.

Am 2. Dezember 1778 verkaufte Henrich die Mühle samt Zubehör für 1550 Gulden an den Mühlknecht Georg Christoph Schwab von Markberolsheim im Fürstentum Anspach; er hatte also in wenigen Jahren rund 500 Gulden an der Mühle verdient. Am 4. Januar 1779 erteilte Fürst Karl Wilhelm (1775 – 1803) dem neuen Besitzer den Erbleihbrief unter den alten Bedingungen; die Gebühr betrug fünf Prozent der Kaufsumme, mithin 77 Gulden 15 Albus.

Als im Dezember 1803 die Kinder Schwabs, Philipp Schwab und dessen nach Falkenstein verheiratete Schwester Maria Sophia Schalk bei dem neuen Landesherrn, Fürst Friedrich August (1803 –16) um die Erneuerung und Bestätigung ihres von den Eltern übernommenen Erblehens nachsuchten, willfahrte der Fürst der Bitte ohne Erhebung der herkömmlichen Laudeminalgebühren.

Bei einer Erneuerung der Erbleihe und Übertragung auf Johann Philipp Konrad Schwab durch Herzog Wilhelm (1816 – 39) von Nassau im Jahre 1819 betrugen die Gebühren 134 Gulden 15 Kreuzer, ferner 4 Gulden Stempelgeld.

Am 10. November 1826 ließ Philipp Schwab das Erbleihgut, bestehend aus dem nun zweistöckigen Wohnhaus nebst Mühlenbau, Scheuer, Stallung, Garten, Ackerland und Wiesen, öffentlich an den Meistbietenden versteigern, wobei diese an den Wiesbadener Juden Jsaak Hiffelsheimer und dessen Ehefrau Esther überging. Der Kaufpreis betrug 4275 Gulden; dazu kamen die Steiggebühren, bestehend aus 85 Gulden, 30 Kreuzern Konfirmationstaxe, acht Gulden Stempel- und drei Gulden Expeditionsgebühr, zusammen 96 ½ Gulden.

Bei der späteren Übertragung der Erbleihe an Hiffelsheimer waren 213 Gulden, 45 Kreuzer Laudemium und 4 Gulden für den Stempel zu zahlen, so dass dieser die Mühle nicht selbst bewirtschaftet, sondern an einen gewissen Peter Münch bis Johanni 1831 weiter verpachtet, ferner hatten die Eheleute Martin Schalk (Schwager des ersteren) in der Wohnung ihren vorbehaltenen Aushalt.

Doch hatte Hiffelsheimer gut spekuliert, da er bereits am 30. Oktober 1827 einen Käufer in der Person des Müllers Johannes Dambmann aus Massenheim fand. Dieser zahlte für das Anwesen bzw. das Untereigentum an der Erbleihe 5000 Gulden unter Übernahme der Verpflichtungen gegenüber Münch und Schalk. Seine Annahme als Erbbeständer erfolgte am 18 März 1829 durch den Oberlehensherrn Wilhelm zu Nassau. Das entrichtete Laudeminalgeld betrug fünf Prozent des Kaufschillings.

Die Anerkennungsurkunde des 1839 zur Regierung gelangten Herzogs Adolph hat folgenden Wortlaut:

„Wir Adolph, von Gottes Gnaden Herzog zu Nassau usw. urkunden und bekennen hiermit: Nachdem auf erfolgten Antritt unserer Regierung der Erbbeständer Johannes Dambmann auf der Wellritzmühle bei Wiesbaden um Erneuerung und Bestätigung seiner Erbleihe unterthänigst nachgesucht hat, so haben wir diesem Ansuchen in Gnaden zu willfahren geruht und erneuern und bestätigen demgemäß den Erbbestand gedachter Mühle für den Johannes Dambmann und desen eheliche Descendenz nach Maßgabe der angehefteten Erbleiheurkunden, in soweit deren Inhalt nicht durch neuere landesgesetzliche Bestimmungen außer Anwendung gekommen ist.

Urkundlich unserer eigenhändigen Unterschrift und des beigedrückten Siegels unserer General-Domänen-Direktion. So gegeben zu Biebrich am 6. Oktober 1840“

Adolph, vdt. Graf v. Waldersdorff.

Das Laudemium wurde beim Regierungswechsel des Landesherrn nicht mehr erhoben. Gegengezeichnet ist die Urkunde von dem ersten ...?...., ein Beweis, wie wichtig man damals noch solche „Staatshandlungen“ nahm.

Da der einzige Sohn des Erbbeständers Dambmann im Jahre 1870 an der sog. Müllerkrankheit starb, vererbte sich das Anwesen auf den Schwiegersohn Karl Müller aus Idstein, der 1867 die älteste Tochter aus zweiter Ehe geheiratet hat. Ihm, der anfangs noch die Müllerei verbunden mit Brotbäckerei, sowie Landwirtschaft und Fuhrwesen betrieb, gelang es, die Erbleihe abzulösen und in freies Eigentum umzuwandeln. Ein in der Bäckerei nächtlicherweise ausgebrochener Brand im März 1882 legte Wohnhaus mit Mühle, Scheune und Ställe in Asche nieder. Bis zum Herbst war alles wieder aufgebaut, doch wurde die Mühle nicht mehr eingerichtet, auch wechselten Wohnhaus und Scheuer ihren Standort.

Das Unglücksjahr ist durch die Inschrift „K.M.E.M. (Karl Müller, Elise Müller 1882“ im Schlussstein über der Eingangspforte überliefert. Nachdem bereits im Jahre 1887 die Stadtgemeinde gelegentlich der Einführung der Neukalisation die Wasserlaufgerechtigkeit der Mühle durch eine größere Summe abgelöst hatte, kaufte sie 1906 das Anwesen, um in einem Anbau das städtische Fasselvieh unterzubringen. Die Familie Müller-Daubmann aber hat nun bald ein volles Jahrhundert auf der angestammten Wellritzmühle ausgehalten.

Nassauische Heimat von 1925

Heimat1pdf

(Einzelteile ergeben ausgedruckt und zusammengefügt 2 A3-Seiten)

Heimat2pdf
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